Die Jungfraubahn
Berichterstattung von Hans Rudi Lüthy, Gestaltung von Franz Straka
Technische Daten
Betriebseröffnung:
Kleine Scheidegg-Eigergletscher 19.9.1898
Eigergletscher-Rotstock 2.8.1899
Rotstock-Eigerwand 18.6.1903
Eigerwand-Eismeer 25.8.1905
Eismeer-Jungfraujoch 1.8.1912 Gesamtlänge: Bahnstrecke 9.336 m
Schienenlänge gesamte Anlagen 11827 m
Spurweite: 1.000 mm
Zahnstangensystem: Strub
Umstellung auf System von Roll im Gange
Höchste Steigung: 250 ‰
Stromsystem: seit 1964 Drehstrom 1.125 V (50Hz)
Gesamtlänge Tunnels: 7.207 m

Das Innere der höchstgelegenen Bahnstation Europas auf dem Jungfraujoch, mit
Triebgwagen Jahrg. 1955 Foto: U. Jossi/Slg. SVEA
„Top of Europe“ steht auf vielen Plakaten in der ganzen Welt. Sie zeigen neben dem schneebedeckten Jungfraumassiv auch die Bergbahn, welche alljährlich unzählige Gäste aus allen fernen Ländern in diese herrliche Bergwelt im Berner Oberland bringt. Am 16.10. 1889 wurde das erste Konzessionsgesuch von Ingenieur Maurice Köchlin und am 22.10 1889 das zweite Bauprojekt von Alexander Trautweiler eingereicht, die die Trasse in einem Tunnel von der Talsohle des hinteren Lauterbrunnentales bis unter den Jungfraugipfel vorsahen (u.a. auch eine pneumatisch betriebene Bahn und Varianten von Zahnrad- und Standseilbahnen). 1892 erhielt die Eigerbahn die Konzession (Zahnrad von Kleinen Scheidegg mit zwei im Tunnel verlaufenden Seilbahnsektionen bis zum Gipfel des Eigers). Alle diese Pläne scheiterten an der Finanzierung.

Rowanzuglok He 2/2 vor der Eigernordwand.
Foto: EA 4/96
Die Idee für eine Bahnverbindung auf das Jungfraujoch geht auf Adolf Guyer-Zeller zurück. Bei einer Bergtour aufs Schilthorn bei Mürren und vor dem majestätischen Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau kam dem Tösstaler Gyer-Zeller der Gedanke, auf die Jungfrau eine Bahn zu bauen. Guyer-Zeller hat sich nach Studienreisen in verschiedenen europäischen und überseeischen Ländern in der Baumwollspinnerei seines Vaters betätigt. Er erkannte schnell die Bedeutung der im Eisenbahnfieber der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
entstandenen Bergbahnlinien und hegte das Lieblingsprojekt einer eigenen Bahn auf die Jungfrau. Die „neuartige-geniale“ Idee von Guyer-Zeller war, die Jungfraubahn als Anschluß an die seit 1893 verkehrenden Wengernalpbahn von dem Kleinen Scheidegg (2.061m Seehöhe) aus zu bauen, wodurch sich der Höhenunterschied Lauterbrunnen (796m) bis Jungfraugipfel (4.158m) um ein beträchtliches verringerte. Die Bahn wurde von Anfang an als besondere technische Neuheit für den elektrischen Betrieb geplant. Dem Konzessionsgesuch waren verschiedene Gutachten beigefügt, die sich mit den sanitären, technischen, ästhetischen und finanziellen Bedenken auseinandersetzten, welche die Gegner gegen die Pläne vorbrachten.

Rowanzuglok He 2/2 vor der Eigernordwand.
Foto: EA 4/96
1894 erhielt Adolph Guyer-Zeller die Konzession, nachdem auch nachgewiesen wurde, dass in solchen Höhen den Fahrgästen keine gesundheitliche Nachteile entstanden. Die Finanzierung mit einem Kostenvoranschlag von 10 Millionen Franken war gesichert und so erfolgte am 27.7. 1896 der Spatenstich zum Bau der Jungfraubahn auf das Kleine Scheidegg, als Meterspurbahn (Die Fachleute sahen hier eine bessere Standfestigkeit der Wagen und eine grössere Leistungsfähigkeit). Damit war ein Austausch zwischen dem Rollmaterial der WAB und der JB nicht möglich. Für die JB verwendete man das Zahnstangensystem von Ing. Strub, während die WAB mit dem Riggenbach'schen System ausgerüstet ist. Es sollten 16 Jahre vergehen bis die Bahn das Jungfraujoch erreichte. Im Jahre 1898 erfolgte die Stromlieferung durch das Kraftwerk Lauterbrunnen.
Die definitive Gründung der Jungfraubahn erfolgte am 17.12.1898. Die Teilstücke konnte man ab diesem Datum befahren: am 19.9. 1898 bis Eigergletscher, 2.8. 1899 bis Rotstock,(am 26.2. 1899 gab es ein Sprengunglück mit 6 Todesopfern und vom Januar bis April 1899 wurde gestreikt) 18.6. 1903 bis Eigerwand, 25.8. 1905 bis zur Station Eismeer. Ins Jahr 1908 fällt die Eröffnung des Kraftwerkes Lütschental der JB. Am 18.11. 1908 ereignete sich ein weiteres Sprengunglück bei der Station Eigerwand. Am Nationalfeiertag der Schweiz, am 1. August 1912 wurde das letzte Teilstück Eismeer-Jungfraujoch feierlich eröffnet und damit konnte die höchstgelegene Bahnstation Europas in 3.454m Seehöhe eingeweiht werden. Das neue Berghaus konnte deshalb erst 1924 als „Haus über den Wolken“ in Betrieb genommen werden.

Rowanzüge auf der Kleinen Scheidegg an einem typischen Sommertag. Foto: EA 4/96 / H. Dellsperger

Die 1992 begonnene neue Triebwagenaera der JB mit BDhe 4/8 in Doppeltraktion von der Kl. Scheidegg gegen den Eigergletscher. Foto: U. Jossi/Slg. SVEA
Von Anfang an wurde die Jungfraubahn als elektrische Zahnrad- und Adhäsionsbahn betrieben. Bis Eigergletscher-Rotstock Zahnradzüge, gebildet von Rowan-Kompositionen, die 1898 und 1899 von SLM Winterthur/MFO Oerlikon (Drehstromlokomotiven) gebaut wurden. Für die Fortsetzung bis zur Eigerwand im Jahre 1903 wurden weitere Rowanzüge beschafft und einen weiteren Rollmaterialzuwachs gab es gleichzeitig mit der Eröffnung bis zum Eismeer, die 1908 geliefert wurde. Mit der Vollendung der Bahn bis zum Jungfraujoch folgten 1912 die HGe 2/2 Nr. 8-10 (SLM/BBC) mit entsprechendem Wagenmaterial. 1914 kam die HGe 2/2 Nr. 11 und erst 1929 die HGe 2/2 Nr. 12 dazu. Adolph Guyer-Zeller hat die Vollendung „seiner“ Bahn nicht mehr erlebt, er starb am 3.4.1899 an einem Herzschlag. Sein Kostenvoranschlag wurde überzogen und es entstanden effektiv 15 Millionen Franken Baukosten.
Der Erste Weltkrieg bereitete den konzessionierten Plänen, mit der Bahn auf den Gipfel zu gelangen ein jähes Ende. Erst die Nachkriegsjahre des ersten Weltkrieges brachten ab 1923 größere Einnahmen und so konnten der Lok- und Wagenpark umgebaut bzw. erneuert werden. In die Krisenjahre zwischen 1931 und 1936 fiel die Eröffnung des hochalpinen Forschungsinstituts auf dem Sphinxgipfel des Jungfraujochs. Die Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges zeigte, zunächst noch schwankend, weitere Frequenzsteigerungen und brachte ab 1957 sich ständig übertreffende Bestresultate.

BDhe 2/2 202 in Eigergletscher Febr. 1955.
Foto aus EA 4/96 /J.B.McCann
So war auch die Zeit gekommen, die Bahn mit modernem Triebwagenmaterial auszurüsten. Seit 1951 ist die Bahn durchgehend mit Zahnstangen versehen und so zur reinen Zahnradbahn geworden. Der Umbau verbilligte vor allem die Beschaffung neuen Rollmaterials. Ab 1955 folgten die Triebwagen BDhe 2/4 Nr. 201-210 (SLM/BBC, 25 t Gewicht, 600 PS) und der Ausbau des Depots auf der Kleinen Scheidegg. Ab 1967 blieben nur noch der Rowanzug He 2/2 6 und die He 2/2 Nr. 8-11 in Betrieb. Im Spitzenverkehr mussten diese noch eingesetzt werden. Das Stromsystem der JB mit Drehstrom 500 V 40 Hz wurde 1960 auf 650 V 50 Hz geändert. 1964 wurde die Spannung auf endgültig 1.125 V angehoben.
In diese Zeit fällt auch die Ausrangierung der ersten Rowan-Züge, wobei die Lok Nr. 1 dem Verkehrshaus der Schweiz als Exponat zur Verfügung gestellt wurde. Mit dem touristischen Aufschwung der Berner Oberländer Bahnen hat die Jungfraubahn eine besondere nationale Bedeutung erlangt, die international bei der Wahl des Reiselandes eine massgebliche Rolle spielt. 1992/93 sind vier neue Doppeltriebwagen BDhe 4/8 Nr. 211-214

Depotidyll Kleine Scheidegg ca. 1961, Foto: OeV 1962
(Triebwagen mit choppergesterten Gleichstrommotoren mit Speisung ab Drehstrom) in rot/gelbem Design in Betrieb genommen worden. Diese tragen heute die Hauptlast des Verkehrs, denn sie können alleine oder in Vielfachsteuerung eingesetzt werden.

Rowanzug Kl. Scheidegg 1996. Eine gleiche Komposition wurde für den Eiger-Ambassador-Express hergerichtet. Foto: H.R. Lüthy
Der erste der vier Triebwagen wurde auf Rollschemel nach Neuthal (DVZO-Linie) gebracht, auf den Namen „Adolph Guyer-Zeller“ getauft wurde. Die He 2/2 Nr. 11 mit den Wagen 13 und 17 wurde zum „Eiger-Ambassador-Express“ umgebaut, der auf Bestellung für Gruppen eingesetzt wird. Das 1924 gebaute Berggasthaus brannte 1972 vollständig ab und wurde 1988 durch ein neues modernes und leistungsfähiges Restaurant ersetzt, das ebenfalls im Berginnern gebaut wurde. Der ganze Komplex umfasst Bahnhof, Serviceräume und ein kleines Museum.
Seit Sommer 1996 ist es möglich mit einem Lift zum Sphinx-Observatorium zur Aussichtsplattform zu fahren. Im Jahre 1997 wurden erstmals über eine halbe Million Gäste mit der JB (seit 1994 Jungfraubahn Holding AG) befördert. Mit der Ernennung des Gebietes Jungfrau/Aletsch/Bietschhorn am 16.12. 2001 zum UNESCO-Weltnaturerbe hat die Bahn neuen Aufschwung erhalten.
Literaturhinweise
•  Der Oeffentliche Verkehr 1962
•  Eisenbahn Amateur 4/96 /H. Häsler
•  Div. Angaben Jungfraubahn
Zusammenfassung Hans Rudi Lüthy-Pavan
Gestaltung von Franz Straka
Mai 2011