Elektrische Bahn Leuk – Leukerbad LLB
Berichterstattung von Hans Rudi Lüthy und Gestaltung Franz Straka
Betriebseröffnung: 5. Juli 1915
Betriebslänge: 10,324 km
Spurweite: 1.000 mm
Stromart: 1.500 Volt/Gleichstrom
Zahnstangensystem: System Abt/2-lamellig
Zahnstangenstreckenlänge: 5,1 km
Größte Steigung: 160 ‰
Betriebseinstellung: 18. Mai 1967
Schon zur Zeit der Römer entdeckte man im späteren Leukerbad heiße Quellen und die Heilkraft für bestimmte Krankheiten. Ab 1847 wurde ein Kutschendienst für die 16 km lange Reise vom Rhônetal nach Leukerbad, wofür man vier Stunden benötigte, eingerichtet. Und weil immer wieder ausländische Leute mit Pferdewagen und Kutschen seit 1847 auf der Strasse nach Leukerbad befördert wurden, kam bald die Idee auf, die Talschaft bei Susten/Leuk mit Leukerbad durch eine Bahn zu verbinden. (Umsomehr die Simplonbahn bereits eröffnet und der Lötschbergtunnel beschlossen waren.) Weiteren Auftrieb gab 1897 ein neues Projekt für eine Spiez-Gemmi-Leukerbad-Bahn.

Rhonebrücke Leu, mit Zug auf der Talfahrt am 06.03.1966. Foto: A. Aebi/Slg.SVEA

Triebwagen Nummer 10 auf der Zahnradstrecke am 06.03.1966. Foto: A. Aebi/Slg.SVEA
Das eingereichte Konzessionsgesuch wurde nach diversen Prüfungen abgelehnt. Es folgten 1903 und 1907 weitere Bahnprojekte von Siders nach Leukerbad und Kandersteg-Leukerbad, welche aber nicht realisiert wurden. Das Konzessionsgesuch von Ingenieur Prof. A. Palaz aus Lausanne für die Errichtung und den Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von Susten-Leuk nach Leukerbad wurde im November 1898 eingereicht. Nur wenige Monate später reichte P. Schenk ein gleiches Konzessionsgesuch ein, das zusätzlich die Verbindung mit Inden herstellen sollte. Im März 1899 genehmigte der große Rat des Kantons Wallis das Projekt von P. Schenk für eine Leuk - Leukerbad - Bahn sowie ein Kraftwerk im Dalaloch. In Susten, der damaligen Jura-Simplon-Bahn führte die geplante Strecke, die Rhône überquerend, bergwärts zur Stadt Leuk, über Albinen, den Dalaviadukt mit der Haltestelle Rumeling und einem Kehrtunnel sowie zwei Zahnstangenstrecken um das Dorf Inden zu erreichen und weiter zur Endstation Leukerbad.

ABDeh 4/4 Nummer 10 überlebte bei der Blonay-Chamby-Museumsbahn. Foto: Slg. SVEA
Für den Bahnbau waren 1.466.000.- Franken veranschlagt (allein 218.500.- Franken für das Rollmaterial und die elektrische Einrichtungen). Da aber vorgesehen war, die Bahn ganzjährig nur zwischen Leuk und Leuk-Stadt zu betreiben, stand die Finanzierung des Vorhabens von Beginn an auf schwachen Füssen. So gab es betreffend der Konzessionsausführungen einige Fristerstreckungen, wodurch sich der Bau um Jahre verzögerte. Am 21. März 1908 wurde die „Compagnie du chemin de fer èlèctriques de Loeche-Les Bains“ gegründet. Auch wurde mit dem Kraftwerksbau noch im gleichen Jahr begonnen. Als Vorbild diente die Brig-Visp-Zermatt-Bahn, da die Schienen, das Zahnstangensystem und die Kunstbauten mit der Leuk-Leukerbad-Bahn praktisch identisch waren. Zwischen St. Barbare und Rumeling war eine eigene Trasse vorgesehen, während über die Dalabrücke und ab Russengraben bis Leukerbad die
Kantonsstrasse benutzt wurde. So erhielt die Bahn den charakteristischen „Straßenbahncharakter“. Am 22. Februar 1912 wurden die umfangreichen Bauarbeiten in Angriff genommen. Der Bahnhof Leukerbad konnte erst im Sommer 1915 begonnen werden. Für alle Bauvorhaben war ein Kostenvoranschlag von 1.466.000.- Franken (für das Kraftwerk 200.000.- Franken) vorgelegt worden. Die Maschinenfabrik Esslingen lieferte 1914 für den Bahnbau nach den Plänen der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur (SLM) die einzige Dampflok HG 2/2 1 (14 t; 15 km/h). Nach dem der Errichtung stand diese Lok in der Reserve. 1935 wurde sie zum Schneepflug X 1 umgebaut.

Triebwagen Nummer 11 in Leukerbad im März 1966. Foto: A. Aebi/Slg.SVEA

Triebwagen ABFe 4/4 11 und 12 vor dem Depot Leuk im Jahre 1965. Foto: Ehrbar
Für die drei Triebwagen lautete die Bezeichnung BCFe 2/4 (Nr. 10 – 12). Die Fahrzeuge stammten aus einer SWS/BBC/SIG-Gemeinschaftsproduktion (Leistung 340 PS; ab 1942 510 PS; 45 km/h auf Adhäsion und 18 km/h auf Zahnstange) und wurden im August bzw. September 1914 in Betrieb genommen. Die Motorwagen hatten vier Achsen die auf zwei Drehgestelle verteilt und einsatzfähig für Adhäsions- sowie Zahnstangenbetrieb waren.


Triebwagen ABFe 2/4 Nummer 10 mit
Personenwagen AB 22 im jahre 1965. Foto: Ehrbar

LLB Triebwagen mit zwei personenwagen im alltäglichen Betrieb. Foto: Ehrbar
So waren diese Fahrzeuge von Anfang an im Wallis etwas Besonderes. Auf einer Seite befand sich ein Gepäck/Postabteil, dahinter die getrennten Abteile der Reisenden mit entsprechenden einzelnen Seitentüren (2. Klasse gepolstert und 3. Klasse Holzbänke). Der grau/weiße Anstrich war der Bevölkerung bald gut vertraut. Zu den Motorwagen baute die SIG Neuhausen drei Personenwagen BC 20 – 22.


ABFe 2/4 Nummer 10 auf der Rohnebrücke bei Leuk. Foto: Ehrbar

LLB Zug beim Russengraben, kurz vor Leukerbad im Jahre 1965. Foto: J.-L. Rochaix
Auch diese Wagen hatten keinen Mittelgang. Die einzelnen Abteile waren mit Seitentüren zugänglich und jedes Abteil bot sechs Personen Platz. Der Wagen Nr. 20 diente anfänglich als Sommerwagen, wurde aber später umgebaut. Die SWS Schlieren lieferte dazu die Güterwagen. Am 15. Juli 1915 konnte die LLB inmitten der Kriegswirren des Ersten Weltkrieges ihren Bahnbetrieb feierlich eröffnen

LLB Zug bei Inden im Jahre 1965. Foto: J.-L. Rochaix
Der Sommerbetrieb (1. Mai bis 31. Oktober) lief hervorragend, so daß bald die Frage auftauchte, die Bahn auch im Winterbetrieb einzusetzen. Mit Hilfe von Subventionen des Kurortes Leukerbad konnte der Ganzjahresbetrieb jedoch erst 1933 aufgenommen werden. Die letzten „Spuren des Kampfes um Winterfahrplan“ (eine verlangte Defizitgarantie und die Bedingung, die Straße während des Winterbetriebes nicht vom Schnee zu räumen) wurde erst 1952 beigelegt, als die
Gemeindesubvention und 1959 der Beitrag des Kurvereins abgeschafft wurden. Daraufhin übernahm der Bund solche Subventionen. Nichts bereitete der LLB mehr Sorgen, als die wachsende Konkurrenz des Autos. Das Gesuch beim Kanton gegen Straßentransporte hatte hier keine Chancen. Nur während des Zweiten Weltkrieges, als das Benzin knapp wurde, war man froh, eine leistungsfähige Bahn zu haben.

Bahnhof Leuk mit ABDeh 4/4 Nummer 11, L 60-61 + AB 22 am 26.7.1964. Foto: G.A. Schetty/Slg SVEA

Hier beginnt die LLB neben der SBB in Leuk. Im Hintergrund das Depot. Foto: Slg. SVEA
An den Zahnstangen nagte schon bald der „Zahn der Zeit“ und die Elemente wurden Ende der 1930er Jahre ausgewechselt sowie 1944/45 die Fahrleitung erneuert. Ab 1952 begann man mit den Gleiserneuerungsarbeiten. Von jeher schien von der LLB eine große Macht auszugehen und die Bahn wußte auch immer, wie sie sich herausheben konnte. Der schlechte Zustand der Bahnanlagen, das über 50 Jahre alten Rollmaterial und die stets rückläufigen Fahrgastfrequenzen waren hauptsächlich für die Betriebseinstellung maßgebend. Kurz nachdem die Gemeinde Leukerbad beschloß, daß die Bahn erhalten bleiben sollte, wurden von der Bahn selbst bekannt gegeben, daß der Betrieb eingestellt und abgebrochen wird. Für die Erneuerung der gesamten Anlagen (Rollmaterial, Verlegung der Geleise auf Eigentrasse) hätten Investitionen von 12 Mio. Franken verschlungen und die Umstellung auf den „Busbetrieb“ lediglich 2,5 Mio. Franken.


ABFeh 2/4 unterwegs in Inden. Foto: Slg SVEA

LLB in Leuk-Stadt mit dem Zug Nummer 9 am 01.08.1954. Foto: Slg. SVEA
Am 27. Mai 1967 verkehrte der letzte fahrplanmäßige Zug und bereits am Abend begannen die Abbrucharbeiten. Der ABDeh 4/4 (Baujahr 1914), BN 22 (Bauj. 1915) und fünf Güterwagen fanden beider Museumsbahn Blonay-Chamby am Genfersee ein neues Zuhause und stehen heute noch an besonderen Sonn- oder Feiertagen im Einsatz.

Dampflokomotive HG 1/2 Nummer 1 (SLM Maschinenfabrik Esslingen) wie sie zwischen 1914-1935 aussah. Foto: Slg. SVEA
Seit einiger Zeit verkehren an den Spitzenzeiten, vor allem im Winter, drei bis vier Busse hintereinander zwischen Leuk und Leukerbad. Diese sind so überfüllt, dass die Gemeinde Leukerbad die ehemalige Zahnradbahn wieder reaktivieren möchte. Die Interessen sind vorhanden und die Chancen stehen nicht schlecht, dass im Jahre 2015 – 100 Jahre nach der ersten Inbetriebnahme – wieder eine Zahnradbahn nach Leukerbad fährt.
Quellen
Leuk-Leukerbad-Bahn Prellbock Druck & Verlag, Leissigen
Eisenbahn-Amateur
Aktuell „Prellbock“ Nr. 6/08-Eisenbahn –Magazin
Text: Hans Rudi Lüthy
Gestaltung: Franz Straka
März 2010