Die Reihe 73 der Jugoslawischen Staatsbahnen
( Schmalspurdampflokomotive IIIb5 der Bosnisch-Herzegowinischen Staatsbahn )
Berichterstattung von Ing. Herbert Ortner / Gestaltung von Franz Straka
Die österreichisch-ungarische Verwaltung erbaute nach der militärischen Okkupation der Provinz Bosnien-Herzegowina des osmanischen Reiches ein umfangreiches Schmalspurnetz mit der Spurweite von 760 Millimetern. Ab dem Jahre 1879 bis 1908 agierte dieses Bahnnetz unter den Namen „Bosnisch-Herzegowinische Staatsbahnen“, ab 1908 als „Bosnisch-Herzegowinische Landesbahnen“.

Lokomotive 73.019 auf der Murtalbahn. Foto: August Zopf

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurde der stetig anwachsende Verkehr auf diesem bereits sehr umfangreichen Streckennetz bevorzugt mit den gelenkigen Lokomotiven der Bauart Klose bewältigt. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts überholte der technische Fortschritt diese komplizierte Konstruktion. Besonders die Entwicklung des Krauss-Helmhotz-Gestells in Verbindung mit seitlich verschiebbaren Kuppelachsen ermöglichte den Bau von mehrfach gekuppelten und zugleich gut bogenläufigen Dampflokomotiven, wie sie auch auf den Bahnen des Balkans benötigt wurden.


Lokomotive 73.019 im Bahnhof Frojach.
Foto: August Zopf

Lokomotive 73.019 auf der Murtalbahn, beim
Club 760. Foto: August Zopf
1907 entwarf Krauss Linz eine Schlepptenderlok für den Schnellzugdienst mit der Achsfolge 1'C1' und Heißdampfantrieb, der damals sogar bei der Staatsbahn noch ungebräuchlich war, der sich aber bei der Reihe Mh der Niederösterreichischen Landesbahnen schon gut bewährt hatte. Die Lokomotive war auf einem Außenrahmen aufgebaut, der Antrieb erfolgte auf die mittlere spurkranzlose Kuppelachse. Die beiden äußeren Kuppelachsen waren mit den Laufachsen in Krauss-Helmholtz-Gestellen zusammengefasst.


Maschine 73-019, 1999 in Knittelfeld.
Foto: H. Ortner
Mit dieser Fahrwerkskonstruktion war die Lok für Radien von 50 m geeignet. Die Zylinder waren mit Kolbenschiebern ausgestattet, der Antrieb erfolgte über Hallsche Kurbeln auf die Treibachsen. Der Kessel, der dank des Außenrahmens mit einer breiten Feuerbox ausgestattet werden konnte, enthielt 3700 mm lange Rauch- und Siederohre sowie den Überhitzer der Bauart Schmidt. Zum Transport der Betriebsvorräte war die Lok mit einem zweiachsigen Tender ausgestattet. Mit einem Treibraddurchmesser von 1.100 mm erreichte sie problemlos Geschwindig- keiten von 60 km/h.
Auf den schmalspurigen Strecken des heutigen Österreich wurde zu dieser Zeit mit maximal 35 km/h gefahren. Die Bosnisch-Herzegowinische Staatsbahn reihte diese Lokomotiven als Reihe IIIb5 in ihr Nummernschema ein. Zwischen 1907 und 1913 wurden in Linz und Badapest insgesamt 23 Exemplare gebaut. Einzelne Serien unterschieden sich in der Anordnung der Sandkästen, auch waren einige Maschinen mit einem Kobel als Funkenfänger ausgestattet.

Lokomotive 73-019 im Museum Frojach.
Foto: H. Ortner 2004

Maschine 73-015 beim Heizhaus Prijedor.
Foto: Dr. E. Scherer 1967

Die Reihe IIIb5 bewährte sich bestens und kam bevorzugt auf der Bosnabahn zwischen Bosnisch Brod und Sarajevo zum Einsatz. Nach dem Zerfall der Donaumonarchie und der Gründung des Staates Jugoslawien wurde sie im Nummernschema der Jugoslawischen Staatsbahnen JDZ (ab 1954 JZ) als Reihe 73 bezeichnet.


Lokomotive 73-008 mit einem Personenzug im
Bahnhof Prijedor. Foto: Dr. E. Scherer, 1967

Als in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Bosnabahn als Hauptbahn nach Sarajevo längst an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt war und durch neue normalspurige Strecken ersetzt wurde, kamen die 73 vermehrt auf anderen Strecken zum Einsatz. Neben den flacheren Abschnitten der (für ihre Zahnradabschnitte bekannten) Narentabahn zwischen Sarajevo und der Adria waren sie noch bis in die 1970er-Jahre in der Region um Prijedor auf der ehemaligen Steinbeisbahn in Einsatz.

Die Museumslokomotive 73-019 des Club 760

Drei Exemplare der Reihe 73 sind erhalten geblieben:

Lokomotive 73-002 (Krauss Linz 5770/1907) Schmalspurbahnmuseum Požega, Serbien
Lokomotive 73-018 (Budapest 3286/1913) Denkmal in Jablanica, Bosnien-Herzegowina
Lokomotive 73-019 (Budapest 3287/1913) Sammlung des Club 760 in Frojach, Steiermark

Die Lokomotive 73-019, ursprünglich IIIb5 169, versah bis zu ihrer Abstellung Mitte der 1970er-Jahre Dienst im Raum Prijedor. Nach jahrelangen Verhandlungen gelang es dem Club 760 diese Lokomotive in den 1980ern Jahren zusammen mit anderen Lokomotiven der JZ zu erwerben.

Werkfoto der Lokomotive IIIb5 152, die spätere 73-002 im Auslieferungszustand 1907
Foto: Wikimedia Commons, gemeinfrei

Am 2. Februar 1982 erreichte sie zusammen mit der SKODA 1932 Österreich. Beide Lokomotiven kamen zunächst in die ÖBB-Hauptwerkstätte Knittelfeld, die 73-019 wurde hier äußerlich aufgearbeitet und danach ins Museum des Club 760 in Frojach an der Murtalbahn überstellt.


Lokomotive 73-002 im Schmalspurbahnmuseum in Požega, Serbien. Foto: H. Ortner

Obwohl nicht betriebsfähig, gab die 73-019 bereits Gastspiele auf anderen Bahnen. 1989 war sie anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Schmalspurbahn in Österreich“ zu Gast im Heizhaus Ober-Grafendorf an der Mariazellerbahn. 1999 kehrte sie wieder nach Knittelfeld zurück, diesmal als Exponat der Steirischen Landesausstellung zum Thema Verkehr. Zur Zeit kann die Lok bei verschiedenen Gelegenheiten in Frojach besichtigt werden. Es ist kein Geheimnis, dass eine betriebsfähige Aufarbeitung dieser eleganten Schnellzuglok ganz oben auf der Wunschliste des Club 760 steht, es mangelt eigentlich „nur“ am Geld. Auf einer modern ausgebauten Schmalspurbahn wie der Murtalbahn oder z. B. der wieder vollständig aufgebauten Pinzgauer Lokalbahn könnte diese flotte Kleine schon eindrucksvoll unter Beweis stellen, was in ihr steckt.

Technische Daten


Lokomotive 73-019 beim Jubiläum „100 Jahre Schmalspurbahn“ in Ober-Grafendorf. Foto: H. Ortner

Baujahr: 1913
Hersteller: Bp-3287
Spurweite: 760 mm
Achsfolge: 1'C1'-h2
Herkunft: JZ
Standort: Frojach (Museum Club 760)
Nicht betriebsfähig!

Wir bedanken uns für die historischen Bilder bei Herrn August Zopf und Dr. E. Scherer. Möge die Lokomotive in Frojach bald durch einen Sponsor aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt werden!

News über die Lokomotive 73-019
Die ex - JZ 73-019 (ex BHLB IIIb5 169) soll 2009 aufgearbeitet werden und dann auf der Pinzgaubahn in Betrieb gehen. Der Vertrag steht vor dem Abschluss. Quelle: Club 760

Bericht von Ing. Herbert Ortner
Gestaltung von Franz Straka
Oktober 2008