Ybbser Straßenbahn
Berichterstattung: Dipl. Ing Gerald Böhm und Franz Straka
Einst war Ybbs einer der bedeutendsten Donau-Städte Niederösterreichs, da Ybbs direkt an der Donau zwischen Wien und Linz liegt. Als 1858 die Westbahn zwischen Wien und Linz erbaut wurde wendete sich das Blatt. Die Bahn führte an der Stadt Ybbs vorbei und hielt erst 3 km entfernt in Kemmelbach - Ybbs (bis 1910 Ybbs - Kemmelbach und später Ybbs an der Donau). Anfang des 19. Jahrhunderts erkannte man, dass eine elektrische Kleinbahn als rationeller Zubringer zwischen der Stadt Ybbs und dem damaligen Kemmelbach – Ybbs notwendig war. Damit sollte die Stadt Ybbs an die Westbahn angebunden werden. Am 30.06.1906 fand eine Begehung der Trasse von Ybbs nach Kemmelbach statt, worauf am 21.05.1907 die Konzession erteilt wurde. Mit dem Bau der Trasse beauftragte man die Firma Corazzo. Die Elektrifizierung der Strecke wurde an die Siemens-Schuckert-Werke übergeben
Die Triebwagen 1 und 2 wurden bei der Grazer Waggonfabrik 1907 in Auftrag beauftragt. Bei der Strecke einigte man sich auf eine eingleisige Streckenführung nur eine Ausweiche beim Wagenschuppen (da dies bei einer so kurzen Länge unrentabel war und die Wartung der Weichen zu viel Arbeit erforderte). An der Gemeindegrenze wurde 1907 ein Wagenschuppen für die Triebwagen und den Turmwagen errichtet, der sich ebenfalls im Bestand des Unternehmens befand. Für den Fahrstrom wurde im ortsansässigen E-Werk Wüster ein Zubau erreichtet, das mit zwei Gleichstrom-Generatoren zu je 11 KW Leistung und 550 V Spannung bei 750 U/min erzeugte. Ein Generator diente als Reserve der bei Bedarf eingeschalten wurde. Im Anbau des Kesselhauses befand sich ein Akku mit einer Leistung von 20 kW/54 Ah. Technisch waren die Triebwagen bis 1908 nur mit einem Fahrmotor ausgestattet. Erst später erhielten sie einen zweiten Motor. 1910 verglaste man den Führerstand, damit die Güter der Post bei Regen und Schnee, nicht dem Wetter ausgesetzt war.
Die Aufgabe der Straßenbahn ging über den Personenverkehr hinaus, da auch die Post zwischen Ybbs und dem Bahnhof und damit zur Westbahn transportiert wurde. Für spezielle Poststücke gab es auf jeder Plattform einen Sitz, der mit einem verschließbaren Behälter ausgestattet war. Bis ins Jahr 1930 waren die Triebwagen mit Schaffner und Fahrer besetzt. Dann stellte man eine Kosten-Nutzungsrechnung an und ersparte sich den Schaffner, da diese Arbeit der Triebwagenführer mitmachen konnte.
Ursprünglich sollten die Triebwagen im Einmannbetrieb geführt werden. Warum man sich von Anfang an einen Zweimann Betrieb machte, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Für das Personal war es eine vielfältige Arbeit die sie verrichteten, denn sie mussten genauso die Pflege und die Wartung der Fahrzeuge übernehmen, wie den Fahrbetrieb aufrecht erhalten. Trotz des großen Arbeitsaufwandes gab es nur zwei kleinere Unfälle.
1941 entgleiste ein Triebwagen und stürzte um, wobei nur geringer Sachschaden entstand. Folgetriebwagen auf dem vor im verkehrenden Triebwagen auf und es entstand nur leichter Sachschaden, denn legendlich die Stirnwand wurde etwas deformiert. Wegen des Kraftwerksbaus und deren Bau der Zufahrtsstrasse (Ausbau) verkehrte am 22.09.1953 das letzte mal die Straßenbahn. Weiteres sprach sich auch die Stadtgemeinde Ybbs für die Einstellung aus, da die Überflutungen der Donau eine Behinderung der Straßenbahn mit sich zog. Eine Autobuslinie die Anfangs noch dieselbe Route nahm wie die Bahn löste den Straßenbahnverkehr ab. Erst später würde die Linie über die Staumauer des Donaukraftwerkes bis nach Persenbeug verlängert. Die Bahntrasse wurde nach der Einstellung sofort abgebaut, wodurch man ein Nahverkehrsmittel das pflegeleicht und billig in der Erhaltung war vernichtete.
Aus unserer Sicht wäre eine Straßenbahn, durch die immer mehr wachsenden Städte ein hervorragendes Verkehrsmittel. Um nur ein Beispiel zu nennen, ist Gmunden stolz auf seine Straßenbahn, denn auch diese ist nur ein Zubringer zur Bahn, durchfährt aber die halbe Stadt. (Zu damaligen Zeiten legte man großen Wert auf den Autoverkehr der natürlich einen Straßenausbau forderte und den Bahnen Schicksalsschläge zu führte. Denken wir an die SKGLB deren Schicksal 1957 besiegelt wurde.)
Die Triebwagen kamen nach der Einstellung auf die Lokalbahn Mixnitz - St. Erhard und leisteten vor Ort den Verschub. 1958 wurden die Triebwagen von der Firma BBC umgebaut, da die unterschiedlichen Spannungen von 550 V in Ybbs und 800 V in Mixnitz dies erforderte. Die Triebwagen waren nicht lange in Betrieb, da ihre zierliche Bauart für den Verschub nicht geeignet waren. Man entschied sich Lokomotiven anzukaufen die diese Arbeit erledigten. Der Triebwagen 1 diente nur als Ersatzteilspender wo im Winter 1962 durch die Schneelast das Dach vom Triebwagen zusammen brach. Durch die Inbetriebnahme der Lokomotiven wurde 1964 der Triebwagen 1 verschrottet wobei die Motore, Achsen, Fahrschalter zum Glück erhalten blieben.
1969 kauften die Kärntner Museumsbahnen den Triebwagen 2, der auf einen städtischen Lagerplatz in Klagenfurt hinterstellt wurde. Der Verein beschloss nach einer Begutachtung der SGP den Wagen so herzurichten, dass er sein Aussehen anno 1910 wieder erhielt. Die Aufarbeitung des Triebwagen war nicht so einfach, da der Aufbau aus Holz war und man einen Tischler finden und überzeugen mußte, der diese Arbeit zu vernünftigen Preis erledigte. man mußte Stück für Stück des verfaulten Holzes neu anfertigen. Da man 1974 noch keine Erfahrung damit hatte, war dies eine Herausforderung für alle Beteiligten. 1975/76 wurde der Wagenkasten neu aufgebaut, wobei beim zerlegen ein Pfandsiegel zum Vorschein kam, welches von der Sparkasse Ybbs am Bankträger angebracht wurde. Darauf zu schließen war eine Kreditaufnahme wo durch die Bank ein Pfandrecht auf den Triebwagen hatte. Das Fahrgestell wurde von der SGP sandgestrahlt und grundiert, sowie eine generelle Überholung vorgenommen. Im Jahre 1977 wurde der neue Wagenkasten auf das Unterteil gehoben und man begann mit den Komplettierungsarbeiten. 1979 wurden die Achsen, Motore, Lager, Bremsen eingebaut, wobei die Arbeiten erst 1981 abgeschlossen waren und bei einer Präsentation auf der Modellbauausstellung in Villach konnte der Wagen bestaunt werden. Am 22. bis 24. Mai 1982 wurde der Triebwagen bei einem Volksfest in Ybbs aufgestellt wo der Fahrer des letzten Straßenbahnzuges eingeladen war.
Streckendaten

Länge: 2,943 km ( 1907 )
Spurweite: 760 mm
Steigungen bei Brückenrampen: 53 ‰
Schienenoberbau: Rillenschienen 34,4 kg/m (0,550 m)
Vignolschienen: 17,89 kg/m (2,470 km) / System XXX
Brücken: doppelte Vignolschienen
Schwellen: Holz
Fahrdrahthöhe: 5,80 m über den Schienen
Masten: Anfang Holzmasten
Später Walzprofile
Geschwindigkeit: 35 km/h
Durchschnittliche Leistung pro Jahr: 40.000 km
Steigung der Bahn: 53 ‰

Der Turmwagen wurde 1953 in Ybbs verschrottet, und die Triebwagen wurden 1953 an die Lokalbahn Mixnitz - St. Erhard verkauft.

Kalender der Ybbser Strassenbahn 2008

Erhältlich beim Kaufhaus Pecksteiner GesmbH & CoKG, Kaiser-Josef-Platz 1
A-3370 Ybbs/Donau, Telefon 07412/52312, Fax DW 15. (Stand 05.2007) Bitte Anfragen, ob ein neuer Kalender produziert wurde!


DI Gerald Böhm
Franz Straka
Mai 2007
Oktober 2009