Bergbahnen in Wien
Teil 3 (Schluss) - Die Drahtseilbahn auf die Sophienalpe

Berichterstattung: Franz Straka und Dipl.-Ing.(FH) Markus Müller


Ansicht der Trasse

G. Sigl erbaute diese Bahn im Jahre 1873 ohne Wissen der Behörden, weshalb sie erst 1874 genehmigt wurde. Sie waren auch skeptisch was den positiven Betrieb betraf. Trotz aller negativen Meldungen erwirtschaftete die Bahn einen bescheidenen Ertrag. Im Herbst 1874 wurde diese interessante Bahn nach dem patentierten System von G. Sigl (13. Jänner 1811 - 9. Mai 1887) offiziell eröffnet. Sigl war auch der Besitzer der Lokomotivfabriken in Wiener Neustadt und im 9. Wiener Gemeindebezirk.

Da die Bahnlinie ohne Genehmigung erbaut wurde, erregte sie viel Aufsehen. Sie war ursprünglich nur für Testfahrten errichtet worden. Die österreichischen Staatsbehörden stuften dieses System später als gefahrlos ein und sahen daher keinen Grund diese Bahn nicht zu genehmigen. Die Streckenführung begann am Ende des Hütteldorfer Tales und führte auf die Sophienalpe. Das System sah so aus, dass zwei Drahtseile (die parallel liefen) kugelähnliche Knoten am Seil hatten, an denen der Wagen eingehängt wurde.


Ansicht der Bergstation

Die kutschenähnlichen Waggons in der Talstation

Die kutschenähnlichen Wagen wurden so ausgelegt, dass man immer waagrecht saß, obwohl die Stecke geneigt war (bergwärts kleinere Räder). Die Räder besaßen Spurkränze und eine Keilbremse. Obwohl sich das System bewährte, blieb die Bahn nur bis 1881 bestehen. Sigl verlor sehr bald das Interesse am Betrieb. Seine ursprüngliche Idee war es, die Bahn als Versuchsbahn ohne großen Aufwand zu bauen - daher war sie auch sehr schnell wieder abgetragen.

Ein Hauptproblem war, dass sich nur reiche Personen diesen Luxus leisten konnten, während das „Fußvolk“ auf die Sophienalpe wandern musste. G. Sigl ließ sich schon zu damalige Zeiten sein Konzept patentieren.

Noch eine Anekdote aus der Betriebsordnung zum Schluss: „Das Mitnehmen von Hunden sowie das Rauchen ist nur dann gestattet wenn kein darin Sitzender dagegen protestiert!“

Historische Fotos auf der Rieglerhütte erinnern noch heute an die Bahn. Ein Großteil der ehemaligen Trasse ist heute noch als solche erkennbar und wird vom Stadtwanderweg 8 benutzt. Von der Berg- und Talstation sind allerdings keine Spuren mehr aufzufinden.

 

Technische Daten
 
Spurweite: ca. 1200 mm
Streckenlänge: ca. 680 m
Höhenunterschied: 108 m
maximale Steigung: 250 ‰
minimale Steigung: 143 ‰
Baukosten: 48.000 Gulden
Fahrgeschwindigkeit: 1,6 m/s Seildurchmesser: 20,8 mm
Leistung der Dampfmaschine: 12 PS
Leergewicht d. Waggons: ca. 470 kg
Stundenleistung: 200 Personen/Stunde
in 12 Waggons á 4 Personen

Differenzen aufgrund unterschiedlicher Angaben in der Literatur sind möglich!

Quellen:

Unvergessene Kahlenbergbahn
Autor: Hans Peter Pawlik
Verlag: Slezak
ISBN 3-85416-191-3

"Döbling und Währing“ - Wien in alten Ansichtskarten
Autor: Helmut Kretschmer
Herausgeber: Univ.-Prof. Dr. Felix Czicke
Verlag: Europ-Bibliothek
ISBN 90-288-3154-1

Wiener Bergbahnen
Autoren: Richard Heinersdorff
Herausgeber: Helfried Seemann, Cristian Lunzer
Album-Verlag
ISBN 3-85164-105-1

 

Bergbahnen im Wienerwald
Autor: Martin Fuchs
Verlag: Eigenverlag
ISBN 3-870944-150-2

Was dampft da auf den Kahlenberg?
Autor: Martin Fuchs
Verlag: Eigenverlag
ISBN 3-9501257-6-0

Bemerkung zu den historischen Bildern: Da wir trotz zweimaligen Telfonats mit Herrn Seemann bezüglich der Verwendung von Fotos aus dem Buch "Wiener Bergbahnen" keinen Rückruf (wie vereinbart) erhielten, haben wir uns erlaubt, die Bilder im Rahmen der künstlerischen Freiheit als Bleistiftzeichnungen darzustellen.

  

Franz Straka
Dipl.-Ing.(FH) Markus Müller

Juli 2006